…… und das Umfeld
Ein Bebauungsplan aus dem Jahre 1894. Bereits vorhanden die Häuserreihe 7a bis c. Auf der gegenüberliegenden Seite das Sägewerk (eine zweite Sägemühle existierte an der Moislinger Allee, wo sich auch eine Gasanstalt befand (heute Eigentumswohnungen auf einem Gelände, das ehemals den Stadtwerken Lübeck gehörte).

Am Ende der Sackgasse die Wielandbrücke, die über den Stadtgraben führt, wo zu der Zeit oberhalb die Eisenbahnlinie nach Büchen entlangführte. Die Brücke über den Stadtgraben entstand 1878, die im Jahre 1920 erneuert wurde.



Oberhalb, an der Lachswehrallee, die Aktien-Bierbrauerei (heute ein denkmalgeschütztes Gebäude der Dräger AG).

Die Straße benannte man 1876 nach dem Literaten und Dichter Christoph Martin Wieland, geboren 1733 in Baden-Württemberg, gestorben 1813 in Weimar.

Etwas isoliert der Namensgeber mit seiner Straße von den sonstigen Größen deutscher Literatur und Dichtkunst. Goethe, Uhland oder Herder, alle Straßen liegen im Stadtteil St. Jürgen, erhielten ihre Namen aber erst 1893 bzw. 1898.
Am 23.10.1885 verkaufte jemand laut Kleinanzeige in den Lübeckischen Anzeigen aus dem Hause Nr. 11 Tafelbirnen, Winterobst und Quitten.
1886 muss der Bautischler Peter Geerts an dem Bau der Häusern Nummer 9 und 9a verantwortlich mitgewerkelt haben.
aus: Bau- und Architekturgeschichte, Stadtentwicklung in Lübeck
Im gleichen Jahr fand sich eine Meldung von „Amts wegen“, sie stand am 17.04.1886 in der Zeitung und betraf die Verlegung einer Rohrleitung in der Wielandstraße hin zur „Stadt-Wasserkunst“. Für die Maßnahme seien die bewilligten 900 Mark zu verwenden.
Der Bauunternehmer und Zimmermeister Hermann Friedrich Schunk baute 1893 drei Häuser als Ensemble, die zusammenstehenden Gebäude mit den Nummern 7a bis 7c.
In 1894 waren die Häuser Nummer 7a bis 7c bezugsfertig.
Wer wohnte nun in diesen Häusern? Eine kleine Übersicht für die Jahre 1895 bis 1910 (entnommen aus den Lübecker Adressbüchern – jeweiliger Jahrgang, Vornamen und Berufe erst ab 1909):
In Haus 7a wohnten zunächst Kröger, Brasch, ab 1897 Kröger, Zaschenbrecher, 1898 kaufte der Schlosser Christian Stegemann das Haus, Zaschenbrecher wohnte dort weiterhin. 1902 fand ein Mieterwechsel statt, Bachmann statt Zaschenbrecher. 1904 erneut ein Mieterwechsel, für Bachmann kam Heinrich Raath (Kassierer).
In Haus 7b lebten Stegemann und Ahrens bis 1898 als Mieter. 1899 erwarb Kröger das Haus, der Mieter Ahrens wohnte bis 1900 weiterhin dort. 1901 wechselte der Mieter, Arndt statt Ahrens. 1902 neuerlicher Wechsel zu Meyburg als Mieter. 1904 gehörte Kröger das Haus immer noch, jetzt wieder mit einem anderen Mieter, Wienck. Für 1908 war aufgeführt Kröger (E= Eigentümer) und jetzt neu der Mieter Paul Hamann. 1910 blieb das Haus im Besitz des Arbeiters Friedrich Kröger (E= Eigentümer) und der Kutscher Joachim Prösch wohnte hier.
Das Haus 7c verzeichnete folgenden Eigentümer und Bewohner: zunächst Krimm und Plog, ab 1897 Turlach und Brehmer, hier noch Eigentümer Schunk. 1899 wechselte das Haus seinen Besitzer, Richartz ward Eigentümer und Stühff wohnte dort mit. 1900 übernahm der Mieter Stühff das Haus als Eigentümer und Rühmling wohnte dort. Mieterwechsel in 1901, es kam Jürs. Auf Jürs folgte 1903 Bornholdt. 1904 neuerlicher Umzug, nun zwei Mieter, Bars und Rupnau. 1905 zog Stühff aus seinem Haus aus, es blieben die Mieter Bars und Rupnau. 1908 fand ein Eigentümerwechsel statt, von Stühff zu Höppner, Mieter Rupnau zog aus. A. Bars war Schiffsbaumstreicher, der Eigentümer Heinrich Höppner hatte die Berufsbezeichnung Güterbodenarbeiter.
Unter der Nummer 14 war die Firma Sager & Klüßmann (Sägewerk) als Eigentümerin verzeichnet, deren Teilhabern etliche Häuser in der Straße gehörten. Bis 1898 die Nummern 4 a bis 12. 1900 neben Nr. 14 noch die Häuser 4a bis 6 a. 1906 sind letztere an F. C. Scheel veräußert worden.
In diesem Jahr drohte scheinbar die Einführung der Tabaksteuer, was sonst hätte diese Anzeige vom 12.01.1894 bedeuten sollen.

Ein Artikel aus den Lübeckischen Anzeigen vom 06.05.1901:
Der am 8. April des Jahres von Roßlau an der Saale auf dem Kanalwege hier angekommene, nach Danzig verkaufte eiserne Räderdampfer, „Friedrich Herzog von Anhalt“ am Sonnabend von der Werft des Schifffbauers Stühff an der Wielandstraße, wo die Räder abgenommen und das Fahrzeug durch dichten Verschluß der Kajütenfenster für den Seetransport hergerichtet worden war, in den Seehafen gekommen und heute Mittag im Schlepptau des hiesigen Dampfers „Dora“, Kapt. Bremer, von hier abgegangen, um über See nach Danzig befördert zu werden.
Die Bekanntmachung stammt vom 26.08.1902:

Die folgende Nachricht stammt aus dem Jahre 1910, die Polizei lehnte die Errichtung einer Schankwirtschaft in der Wielandstraße mangels Verkehr ab.

In der Holzhandlung Sager & Klüßmann brannte es am 13.08.1913. Siehe Ausschnitt aus den Lübeckischen Anzeigen:

So sah es 2024 auf dem Gelände des ehemaligen Sägewerkes aus:

Um 1920 hieß der Buniamshof noch „Spielplatz“. Am 16. Mai weihte man dort ein Ehrenmal für die im 1. Weltkrieg gefallenen deutschen Soldaten, die Turner waren, ein.

Aus dem 2. Weltkrieg liegt eine Meldung vom 07.05.1941 vor, nach der sind drei Brandbomben auf die Häuser der Nummern 7 bis 7b abgeworfen, jedoch rechtzeitig vom Selbstschutz gelöscht worden. Außerdem traf eine Flakgranate das Haus Nr. 7, detonierte jedoch nicht.
1951 befand sich bereits die Firma Aust & Co im Haus Nr. 14. Die folgende Anzeige stammt aus dem Jahre 1959.

Am 15.11.1959 fuhr in Lübeck die letzte Straßenbahn. Das ehemalige Straßenbahndepot in der Finkenstraße fand von den Verkehrsbetrieben keine neue Nutzung und wurde verkauft. Busse übernahmen die alleinige Aufgabe im Personentransport.

Die Finkenstraße befindet sich links von der Ausfahrt aus der Wielandstraße auf die Lachswehrallee, wo sie nach ca. 100m rechts abgeht. Seit dem 04.01.2006 ist die Finkenstraße für den Durchgangsverkehr gesperrt, Grund: die Firma Dräger brauchte den kreuzungsfreien Betriebsverkehr von einer ihrer Produktionsstätten zur anderen und erhielt das Recht für die Sperrung. Als „Dankeschön“ blieb Dräger mit seinem Stammsitz Lübeck erhalten.
Lübeck bekam 1962 wieder ein Sportstadion, nach der Wielandbrücke nur einen Steinwurf weit über die Possehlstraße erreichte man den Buniamshof. Er wurde am 06.07.62 feierlich eingeweiht..

Herr Walter Ruser, seines Zeichens Kistenmacher, bot 1963 in Haus Nr. 17 seine Waren zum Verkauf an.
1965 standen in der Wielandstraße 22 Wohngebäude mit 56 Wohnungen, in denen lebten 56 „Haushalte“. Insgesamt hatte die Straße 180 Einwohner.
aus: Statistische Jahrbuch Lübeck 1965
1993 sah es im Park an der Wielandstraße am Stadtgraben noch so aus:

Wo seit Jahren nun Kinder spielen, da wohnten einst die Stadtindianer in Bauwagen etc.
1994 verschwand das alte Gartengelände hinter der linken Häuserreihe, Bagger und Planierraupen ebneten das Areal für die Errichtung der Wohnblocks ein. Letzte Bauwagen der Stadtindianer sind noch zu sehen.


Die MACH AG, ein Software-Unternehmen, das Programme für Behörden und Ämter entwickelt, ließ sich 2001 am Ende der Wielandstraße im ehemaligen Wasser- und Schifffahrtsamt nieder.

Stadtgraben und heutige Wielandbrücke, immer wieder ein gern genommenes Motiv…


Die Wielandstraße ebenfalls im Februar 2021, im Schneetreiben…

Zum Vergleich 2005…

Und mal ganz ohne Schnee aus dem Jahre 2008…. „Die Katze auf dem heißen Blechdach“ in der Wielandstraße.

2024
Gefährliches Pflaster, die Wielandstraße?
Am 13.01.2024 nachmittags fand ein Spaziergänger in der Nähe der Wielandbrücke eine männliche Leiche im Stadtgraben treibend. Die Polizei war vor Ort.
Trotz Schnee und Eis schufteten die Gartenbaubetriebe auf dem Wall und beschnitten am Buniamshof am 15.01.2024 in luftiger Höhe seilgesichert Bäume.

Im August, konkret ab dem 05.08.2024 soll die Wielandbrücke einen neuen Belag erhalten, so jedenfalls kündete ein bescheiden großes Plakat an der Ecke zur Lachswehrallee dies den Bürgern an. Vier Wochen seien für die Erneuerung eingeplant.
